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Rezensionen
Wortflügel - Briefe eines langen Abschieds

Wer schreibt lebt

Die Theologin und Künstlerin (Jg.1965) erkrankte 2010 an Krebs. Zwei Jahre lebte sie mit dieser Krankheit, sie starb im Oktober 2012. „Wortflügel“ enthälft Briefe sind Briefe und Artikel aus dieser Zeit und Zeichnungen, die sie gemeinsam mit der Künstlerin Barbara Bux erstellt hat. Es war ihr Wunsch, dass ihre Briefe veröffentlicht werden.

Dieses Buch aus ihren letzten Lebensjahren las ich im Urlaub, im Retreat. Den ganzen Tag meditieren, schweigen, den inneren Geschehnissen begegnen… Ich las von dem Kranksein, dem Krankwerden. Von dem anderen Sehen, das sich einstellt, wenn das Leben Kopf steht. Ich las von der Verbundenheit mit den nahen und fernen Freundinnen und Freunden. Ich las von der stärkenden Kraft der Rituale, vom Kloster, vom Zuhause, vom Unterwegssein. Krankensalbung, ein Sakrament, das ich nicht kenne.

Ich las von der Angst, der allgegenwärtigen, die immer wieder alles auf die Probe stellt: hier geht es um Leben und um Tod.

Nochmal nach dem Leben greifen, das eine Projekt erfinden, bis dahin leben - und dann weiter leben mit dem Vogel Hoffnung. Die Seele sei ein grüner Vogel, sagt sie. Und der sei wirklicher als der Körper.

Benita schreibt unmittelbar. Wie es ihr gerade aus den Fingern fließt. Lyrisch werden ihre Wortbilder und bekommen Flügel. Sie bemerkt das Erschaffen von neuen Wirklichkeiten dabei, das macht sie mir noch sympathischer. Sie wirkt sich in Wirklichkeiten hinein, in denen Worte mühsame Krücken werden. Und trotzdem

schreibt sie weiter, möchte verbunden bleiben - bevor sie loslässt. Benita, kann ich deinem Werk gerecht werden? Deinen Werken? Den Worten, den Bildern?

Ich kann es nicht. Danken kann ich dir: Danke für deine Anteilgabe.

 

Friederike Heinecke, Pastorin in Norderstedt/Hamburg
in: INTA – Interreligöses Forum, Nr.8, Dezember 2015

Zutiefst beeindruckend

Welch' ein Geschenk für alle, die Sterbende begleiten, die um nahestehende Personen trauern, die sterbenskrank sind und die bewusster das Leben und die eigene Sterblichkeit wahrnehmen wollen!

Die Künstlerin und Theologin Benita Joswig erkrankte 2010 an Krebs. Über zwei Jahre schrieb sie in unregelmäßigen Abständen an Freund_innen Mails und teilte ihnen mit, was sie bewegte, beschrieb ihre Gedanken, Erlebnisse, Begegnungen, Erfahrungen, die Aufs und Abs, denn: "Wer schreibt lebt". 2012 verstarb sie.

Drei der Freundinnen, Bärbel Fünfsinn, Claudia Janssen und Teresa Roelcke, haben diese Briefe nun herausgegeben. Abgedruckt sind ebenfalls Bleistiftzeichnungen, die Benita Joswig gemeinsam in einer Art Zeichentausch mit der Künstlerin Barbara Bux anfertigte. Ich selbst schenkte dieses Buch einer Frau, deren Mutter vor kurzem an Krebs verstarb. Sie sagte: „Vieles, was ich las, drückte das aus, was ich mit meiner Mutter erlebt habe. Nur weder sie noch ich konnten es so in Sprache oder Bilder fassen. Jetzt konnte ich es lesen und habe noch viel Neues gefunden. Danke".

Manchmal sind es Sätze wie diese, die innehalten lassen: „Ich würde am liebsten mit Gott Kaffeetrinken gehen" oder „Mit Gott ringe ich nicht, der blüht so sehr in diesem Frühling vor sich hin, dass ich lobe und preise, was das Zeug hält, auch um gegen die Schwere anzugehen, die mich manchmal besucht". Aber auch ihre Sichtweisen auf Krankheit, Würde, Alltag, Leben und Sterben und die tiefe Verbundenheit mit Gott und Jesus Christus berühren tief. „Falls die Phase kommen sollte, in der das Leben vom Krebs aufgefressen wird, der Körper schmerzt, der Geist schlapp macht, die Seele nur nach drauf schauen kann, dann will ich vorbereitet sein, mich in Christus und an Christus abgeben. Dann mache ich nichts mehr, dann mögen der Glaube und die Gnade wirken und leiten und beschützen." Dass es so sein kann, erliest sich in diesem Buch.

 

Susanne Sengstock, Pastorin und theologische Referentin im Frauenwerk der Nordkirche, in: innovative Nr. 31, Januar 2016

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